Gelenkblutungen
Wie wird eine Gelenkblutung behandelt?
Als Erstmaßnahme einer akuten Gelenkblutung gilt es, die Blutung zu stillen.
- Substitution mit Gerinnungsfaktor
- Elastischer Kompressionsverband mit Schonung des betroffenen Gelenks
Damit das Gelenk nicht versteift und die das Gelenk umgebenden Muskeln sich nicht verspannen, sollten nach dem ersten Tag krankengymnastische Übungen durchgeführt werden. Je nach Stadium der fortgeschrittenen Gelenkschäden kommen sowohl nicht-operative als auch operative Behandlungen in Betracht.
Als nicht-operative Maßnahmen stehen zur Verfügung:
- Substitution mit Gerinnungsfaktor bei chronischer Entzündung der Gelenksinnenhaut
- Krankengymnastische Übungen zur Verbesserung der Gelenkbeweglichkeit
- Physikalische Therapien (z.B. Wasseranwendungen, Wärme- und Kälteanwendungen, Ultraschall, Elektrotherapie)
- Injektion von Medikamenten in das Gelenk, z.B. radioaktive Substanzen (Radiosynoviorthese), Kortison
Sind die Schäden bereits zu stark fortgeschritten, dann kommen operative Behandlungsmethoden in Betracht. Man unterscheidet dabei:
Operationen, bei denen das Gelenk erhalten bleibt (gelenkerhaltende Operationen):
- Operative Entfernung der Gelenksinnenhaut (Synovektomie) bei chronischer Entzündung
- Operative Abtragung von geschädigten Gelenkbestandteilen (Gelenkrevision)
- Operative Entfernung von Teilen des Gelenks (Resektionsarthroplastik)
Operationen, die das Gelenk durch ein künstliches Gelenk ersetzen (Endoprothesen):
- Kniegelenksprothese
- Hüftprothese
Operationen, bei denen das Gelenk versteift wird (Arthrodese):
- Sprunggelenksarthrodese
Die Rolle von Krankengymnastik
Nach einer Gelenkblutung kommt es über Reflexe zwischen dem Gelenk und den Muskeln zu einem muskulären Ungleichgewicht. Dieses führt zu einer verstärkten Kontraktion der Beugemuskulatur und einer abgeschwächten Kontraktion der Streckmuskulatur. Besteht dieses Ungleichgewicht auf längere Zeit, dann führt dies letztendlich am Gelenk zu:
- Kontrakturen
- Deformitäten
- Funktionsverlust
Um die Ausbildung eines muskulären Ungleichgewichtes nach einer Gelenkblutung zu vermeiden, sollte der Patient nach dem ersten Tag gemeinsam mit den Physiotherapeut*innen aktive krankengymnastische Bewegungsübungen durchführen.
Wichtig ist, dass vor jeder aktiven Bewegungsübung Gerinnungsfaktor gegeben wird!
Bei akuten Blutungen ist dies meist im Rahmen der Erstbehandlung zur Blutstillung bereits erfolgt.
Unter Anleitung der Physiotherapeut*innen werden dann Übungen durchgeführt, welche die folgenden Ziele haben:
- Normalisierung der Muskelspannung
- Bewegung des Gelenks
- Kräftigung der Muskulatur
- Schulung von Kraft, Koordination und Ausdauer
Bei Gelenken mit fortgeschrittenen Schäden schränken oft Vernarbungen an der Gelenkkapsel zusammen mit den Schäden am Knorpel und am Knochen die Bewegungsmöglichkeilen des Gelenks ein. Häufig ist durch die eingeschränkte Bewegungsfähigkeit auch die umgebende Muskulatur verspannt und verkürzt. Um die Beweglichkeit der Gelenke – und damit die Unabhängigkeit der Betroffenen - zu erhalten, können krankengymnastische Übungen helfen.
Auch hier ist wichtig, dass vor jeder krankengymnastischen Übung, welche die Bewegungsfähigkeit eines geschädigten Gelenks trainiert, Gerinnungsfaktor gegeben wird!
Unter Anleitung der Physiotherapeut*innen werden dann Übungen durchgeführt, welche die folgenden Ziele haben:
- Entspannung der Muskulatur
- Erhaltung und Verbesserung der Beweglichkeit
- Kräftigung der Muskulatur
- Schulung von Kraft, Koordination und Ausdauer
Wie kann man Gelenkblutungen vorbeugen (Prävention)?
Um Gelenkblutungen vorzubeugen sind vor allem zwei Maßnahmen wichtig:
- Behandlung der Hämophilie (z.B. mit Gerinnungsfaktoren) bereits vor dem Auftreten einer Blutung (frühzeitige Prophylaxe)
- ein regelmäßiges Training der gelenkstabilisierenden Muskulatur (Heimtraining)
Zudem sollten Hämophilie-Patienten, wie alle Patienten mit Gelenkerkrankungen, die folgenden Punkte berücksichtigen:
- schonender Einsatz der Gelenke
- gesunde Ernährung
- Vermeidung von Übergewicht
Wie sieht ein Training der gelenkstabilisierenden Muskulatur aus?
Hämophilie-Patienten sollten zur Vorbeugung von Gelenkschäden, die gelenkstabilisierende Muskulatur regelmäßig mit einem zwei bis dreimal pro Woche durchgeführtem Trainingsprogramm trainieren. Das Training sollte individuell unter Anleitung der Physiotherapeut*innen oder der behandelnden Ärzt*innen angepasst werden.
Prinzipiell unterscheidet man Trainingsprogramme für die folgenden beiden Patientengruppen:
- Patienten ohne Gelenkschäden
- Patienten mit bestehenden Gelenkschäden
Bei Patienten ohne Gelenkschäden zielt das Training auf die Erhaltung des Bewegungsumfangs und die Verbesserung von Muskelkraft-und Koordination ab. Bei Patienten mit bestehenden Gelenkschäden versucht man, die Funktion des Gelenks durch die Übungen zu erhalten.
Jedes Training muss individuell auf den Betroffenen und die jeweilige Gelenkssituation angepasst werden.
Quellen:
„WFH Guidelines for the Management of Hemophilia, 3rd edition“, Srivastava et al, Haemophilia, 2020
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