Unterstützende Maßnahmen

Was kann ich neben der medikamentösen Behandlung tun?

Vor allem bei der Behandlung von Gelenksblutungen sind neben der medikamentösen Therapie unterstützende Maßnahmen wie Physiotherapie notwendig.

Die guten und stets verfügbaren Therapiemöglichkeiten haben dazu geführt, dass Hämophilie-Betroffene heutzutage ein weitgehend normales Leben führen können. Auch die Lebenserwartung unterscheidet sich nicht von der restlichen Bevölkerung.

Was kann ich neben der medikamentösen Behandlung zur Vermeidung von Blutungen tun (Prävention)?

Die häufigste Komplikation der Hämophilie sind Blutungen in den Gelenken mit den daraus resultierenden Folgeschäden in Form von:

  • Arthrosen
  • Gelenkinstabilitäten
  • Gelenkversteifungen
  • Muskelverkürzungen

Ein Gelenk, das bereits mehrmals von einer Blutung betroffen war, wird aufgrund des darin ablaufenden Entzündungsprozesses anfälliger für weitere Blutungen sein. Auch eine effektive Behandlung mit Gerinnungsfaktor kann eine Gelenkblutung mit Folgeschäden nicht vollständig verhindern. Deshalb ist es wichtig, neben der Behandlung mit Gerinnungsfaktor in Absprache mit den in der Hämophilie erfahrenen Ärzt*innen unterstützende Maßnahmen durchzuführen. Diese sollen bereits im Vorfeld verhindern, dass weitere Blutungen auftreten (Prävention). Ziel dieser Maßnahmen ist es, die Gelenke zu stabilisieren und damit weitere Blutungen zu verhindern. Hierzu gehören:

  • spezifische auf die Hämophilie abgestimmte individuelle Trainings- und Bewegungsprogramme zur Steigerung der körperlichen Fitness und Stärkung der Muskulatur und Gelenke (siehe Kapitel Gelenke in „Hämophilie“)
  • gelenkschonende sportliche Aktivitäten (siehe Kapitel Sport in „Leben mit Hämophilie“)
  • Spät-Rehabilitationsmaßnahmen bei bereits bestehenden Gelenkschäden

Welche Maßnahmen können neben der medikamentösen Behandlung die Therapie einer Gelenkblutung sinnvoll ergänzen?

Bei einer akuten Gelenkblutung sind neben der sofortigen Gabe von Gerinnungsfaktor folgende Maßnahmen von Bedeutung. Hierzu gehören:

  • Elastischer Kompressionsverband mit Schonung des betroffenen Gelenks
  • Aktive physiotherapeutische Übungen nach dem ersten Tag
  • Physikalische Therapien

Mit diesen zusätzlichen unterstützenden Maßnahmen kann das Auftreten von Spätschäden an den Gelenken wirksam verhindert werden.

Prophylaxe, Bedarfs- und Heimselbstbehandlung

Bei der Prophylaxe wird der fehlende Gerinnungsfaktor regelmäßig zugeführt. Ziel ist es, im Blut immer eine bestimmte Konzentration an Gerinnungsfaktor aufrechtzuerhalten, um Spontanblutungen zu verhindern. Man versucht dabei eine Aktivität des Faktors von 2-3 % nicht zu unterschreiten, da man herausgefunden hat, dass bei dieser Aktivität Spontanblutungen mit großer Sicherheit verhindert werden können.
Bei einer Bedarfsbehandlung wird der fehlende Gerinnungsfaktor erst nach oder bei einer beginnenden Blutung verabreicht. Es ist dabei wichtig, dass der Faktor sofort bei Beginn der Blutung injiziert wird. Somit kann bei Gelenkblutungen eine massive Einblutung in das Gelenk mit nachfolgenden Komplikationen vermieden werden. Problematisch bei dieser Art von Behandlung sind jedoch Blutungen, die unbemerkt verlaufen.
Unter einer Heimselbstbehandlung versteht man die Verabreichung von Gerinnungsfaktoren durch den Patienten oder die Eltern des Patienten zu Hause, in der Schule oder am Arbeitsplatz. Diese Art der Therapie wurde möglich, nachdem Konzentrate verfügbar waren, die einfach zu verabreichen sind und eine geringe Wahrscheinlichkeit von Nebenwirkungen haben. Die Heimselbstbehandlung erfolgt in enger Abstimmung mit dem Behandlungszentrum, das regelmäßig aufgesucht wird. Die Patienten oder die Eltern des Patienten werden dabei vor Beginn der Heimselbstbehandlung geschult, eine Vene zu punktieren und das Präparat zu spritzen. Kinder können die Behandlung oftmals schon mit acht bis zehn Jahren erlernen. Die Vorteile der Heimselbstbehandlung sind:

  • akute Blutungen können sofort ohne Zeitverlust gestillt werden
  • die Lebensqualität wird erhöht (der Patient muss nicht bei jeder Blutung einen Hämophilie-Behandler*innen oder Behandlungszentrum aufsuchen)

Auch bei der Heimselbstbehandlung sollten jedoch in den folgenden Fällen immer Hämophilie-Behandler*innen aufgesucht werden:

  • bei wiederholten Blutungen im selben Gelenk
  • bei massiven Gelenkblutungen, die eine Gelenkpunktion erfordern
  • bei lebensbedrohlichen Blutungen

Quellen:

  • „WFH Guidelines for the Management of Hemophilia, 3rd edition“, Srivastava et al, Haemophilia, 2020
Hier weiterlesen: Patiententagebuch